Samstag, 29. September 2012

Assassin’s Creed 3 – Release, Vorfreude und ein Mangel an weiblichen Vorfahren




Verdammt, ich freue mich auf „Assassin’s Creed 3“. Am 31. Oktober ist es endlich so weit, das Spiel kommt in die Läden und ich bin süchtig genug, mir den Tag im Kalender markiert zu haben.
Nach den beiden „Assassin’s Creed 2“ -Ablegern „Brotherhood“ und „Revelations“ geht es endlich mit einem neuen Assassinen weiter. Dieses Mal wird sich an der Ostküste der USA zur Zeit der Amerikanischen Revolution entlanggemeuchelt. Entwickler Ubisoft verspricht ein Zusammentreffen mit solch illustren und historisch wichtigen Personen wie George Washington, Benjamin Franklin, Thomas Jefferson und George III. Boston und New York werden begeh- und bekletterbare Städte im Spiel sein und am Frontier werden, zum ersten Mal in der Serie, Bäume die Rolle der bekraxelten Hausdächer, Balustraden, Wäscheleinen und Stadtmauern aus den Vorgängern übernehmen. I’m gonna sneak and tomahawk the hell outta this game!
                                                                                                                                                                           
Ein großer Wehmutstropfen für viele Fans – und ich gehöre sicher auch zu dieser Gruppe – ist die Tatsache, dass es, auch im fünften Spiel der Reihe, immer noch keinen weiblichen Hauptcharakter gibt. Viele Fans hatten sich einen weiblichen Assassinen gewünscht und diesen Wunsch auch kundgetan.
Hauptcharakter des neuen Spiels bleibt weiterhin Desmond Miles, dessen Vorfahren ja die Assassinen der bisherigen Teile, und auch von Teil 3, stellen. Dieses Mal schlüpft Desmond über den Animus in die Haut von Connor Kenway aka Ratonhnhake´:ton, Sohn einer Mohawk Mutter und eines britischen Vaters. Ubisofts Creative Director  Alex Hutchinson begründet die Entscheidung gegen eine weibliche Assassine mit der Periode, für die man sich entschieden hatte. "It's always up in the air. I think lots of people want it, [but] in this period it's been a bit of a pain. The history of the American Revolution is the history of men." sagte Hutchinson in einem GamestopAsia Interview.
Etwas wiederlegt wird diese, auch historisch gesehen nicht ganz lupenreine bis schwer fragwürdige, Argumentation durch den zeitgleichen Release von „Assassin's Creed 3: Liberation“ für die PS Vita, welches in der gleichen Periode spielt und der Geschichte einer weiblichen Assassine in New Orleans während des Siebenjährigen Krieg und der Amerikanischen Revolution folgt. „Liberation“ beweist auch, dass sich Ubisoft offensichtlich im Klaren ist, dass die Fans der Reihe auf spielbare weibliche Charaktere warten.

In den bisherigen Teilen waren Frauen massiv unterrepräsentiert und nur in sehr fragwürdigen Rollen vertreten. Man denke nur an die Kurtisanen, die zur Ablenkung von Wachposten angeheuert werden können (in Revelation wurden sie durch „Romani“ Bauchtänzerinnen ersetzt, da Kurtisanen im Konstantinopel des 16. Jahrhunderts etwas fehl am Platz gewesen wären), oder die Puffmutter im Nonnenhabit aus „Assassin’s Creed 2“. Einzige Ausnahmen sind Lucy Stillman und Sofia Sartor, die immerhin entscheidende Funktionen für den Verlauf der Geschichte einnehmen.
Dass es im „Assassin‘s Creed“- Universum generell weibliche Assassinen gibt, die in „Brotherhood“ und „Revelation“ auch rekrutiert und ausgebildet werden können, macht die neuerliche Entscheidung gegen den weiblichen Hauptcharakter noch schmerzlicher. Wenn Desmond Miles einer langen Reihe von Assassinen entspringt und es weibliche Assassinen gibt, sollte dann nicht auch unter seinen Vorfahren, deren Erinnerungen man als Spieler_in ja durchspielt, auch eine weibliche Assassine sein? Stattdessen scheint Desmond unter einem Mangel an weiblichen Vorfahren zu leiden.

Es stimmt, dass weiterhin der Großteil der Videospieler_innen männlich ist. Doch Studienüber „gender bending“ (das Auswählen eines Charakters des gegensätzlichen Geschlechts als Spielfigur) in Rollenspielen  wie „World of Warcraft“ oder „Diablo 3“ zeigen, dass männliche Spieler gar nicht abgeneigt sind, weibliche Charaktere zu spielen. Andere Videospiele, wie zum Beispiel „Tomb Raider“, „Final Fantasy“, „Resident Evil“ oder „Mirror's Edge“, haben bewiesen, dass sich auch mit weiblichen Hauptcharakteren Verkaufsschlager landen lassen.
Ich werde mir „Assassin’s Creed 3“ trotzdem holen und es hoffentlich mit Freude zocken. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: in „Assassin’s Creed 4“ dann, Ubisoft, ok?


Wer mehr zu Frauenrollen in Videospielen erfahren will, schaut mal bei FeministFrequency vorbei. Anita Sarkeesian arbeitet gerade an einem Videoprojekt zu dem Thema. Hier geht’s zur Vorstellung des Projekts (Video).

Neulich am Küchentisch....

by SueFLB


... sitze ich mit einer Gruppe mir durchaus nahestehender Menschen zusammen.
Ein Pärchen erzählt vom gemeinsamen Urlaub mit Freunden, Eltern einer zehnjährigen Tochter. Das Thema kommt darauf, wie furchtbar es sei, dass dieses Mädel so „dick“ sei, sich in ihrem Alter schon nicht in ihrer Haut wohl fühle, sich nicht bewegen könne/wolle usw. Das Paar ist sich einig, dass das Mädchen wirklich deutlich übergewichtig wäre und dass sie ihren Freunden versucht hätten, klarzumachen, dass sie an der Ernährung ihrer Tochter dringend etwas ändern müssten. (Er argumentiert, dass „sie [die Tochter] da sonst nie wieder rauskäme“, sie erwähnt das Wort „Essstörung“.)

An dieser Stelle (ich muss anfügen, dass ich zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie dieses Mädel denn nun eigentlich aussieht und was hier als „übergewichtig/dick“ bezeichnet wird) wage ich einzuwerfen, ob es sich nicht vielleicht doch eher um ein gesellschaftliches Problem handelt, wie ein weiblicher Körper idealerweise auszusehen habe und dass es fragwürdig sei, einem Kind in diesem Alter schon zu verstehen zu geben, dass sein Köper nicht der vermeintlichen Norm entspricht. 


Böser Fehler... mir werden die verschiedensten Punkte um die Ohren gehauen: Gesundheitliche Aspekte, es ist nicht „normal“, dass ein Kind sich in diesem Alter nicht bewegen will, es wurde ein falsches Hungergefühl anerzogen (weil das Mädel im Restaurant meist ihren Teller leer ist – hier fiel dann nochmal das Wort „Essstörung“) und mein Favorit, dass die gesellschaftlichen Aspekte irrelevant sind, weil man a) mit seinem Kind ja eh nicht die Gesellschaft ändern könne und b) es doch wegen seines Gewichts nicht gemobbt werden soll. 


Was ich hier raushörte war das klassische „Ich kann doch mein Kind nicht dazu „missbrauchen“, die Gesellschaft zu ändern, die ist nun mal, wie sie ist, basta“ – mein Lieblings“argument“ bei solchen Diskussionen... An diesem Punkt des Gesprächs wollte ich – kaum konstruktiv, klar – bereits frustriert irgendwas gegen die Wand schmeißen, habe aber noch versucht, ruhig weiterzudiskutieren. Ob es denn nicht vielleicht besser wäre, das Selbstwertgefühl des Kindes zu steigern und ihr klarzumachen, dass sie sich mit Freude bewegen kann, egal, wie ihr Körper vermeintlich aussieht? Das Gewicht und Gesundheit zwei verschiedene Dinge sind, die nicht zwangsweise in Korrelation stehen? Und ob es denn sein kann, dass man ein zehnjähriges Mädchen zu einer Diät anhält, mit einem Körper, der sich im Laufe der Pubertät (wenn man den unbedingt davon ausgehen möchte, dass hier „Übergewicht“ vorliegt) noch verändern kann und wahrscheinlich wird? Worauf ich die knallharte Antwort erhielt (ich paraphrasiere): „Ja, wenn das Mädel fett ist, müsste sie bei mir eine Diät machen“. (An diesem Punkt wollte ich dann kotzen)

Ich habe mich dann aus der Diskussion zurückgezogen. Aber es kam noch schlimmer: Wenig später wurden die Urlaubsfotos gezeigt, auf denen natürlich auch das betreffende Mädchen zu sehen war. Und da war es dann bei mir vorbei. Ganz abgesehen davon, dass da ein (für mein Auge, auch wenn das eigentlich unerheblich ist) hübsches Mädel mit einer tollen Ausstrahlung in die Kamera lachte, war sie alles, aber nicht „fett“. Auch nicht „dick“. Vielleicht nicht dünn, mit ein bisschen Bauch, aber so what? Übergewicht, gesundheitliche Probleme, Essstörung, WTF?!? 


Es macht mich traurig und wütend, in einer Welt zu leben, in der so intelligente und eigentlich kritische Menschen wie dieses Paar im Hinblick auf fragwürdige Körpernormen so blind sein können. Es macht mich traurig, dass eine gesunde, fröhliche Zehnjährige eingeredet bekommt, ihr Körper sei falsch, unnormal, hässlich und verbesserungsbedürftig (wenn der Grundstein für eine Essstörung gelegt wird, dann hier). Und ein bisschen wütend macht mich auch, dass ich mich aus solchen Diskussionen irgendwann zurückziehe, weil ich kein Durchkommen, keinen Ansatz von Verständnis meiner Argumente sehe und nicht den Hauch einer Chance, die Leute zum Nachdenken zu bewegen.